Einander tragen und auch mal ertragen…
Christen in Witten gründen Arbeitsgemeinschaft ACK
„Seid demütig, friedfertig und geduldig, ertragt einander in Liebe und bemüht Euch, die Einheit des Geistes zu bewahren durch das Band des Friedens!“
Von Nicole Schneidmüller-Gaiser
Witten. Mit ihrer Unterschrift unter einer gemeinsamen Satzung beurkundeten am gestrigen Sonntag die sechs christlichen Kirchen der Stadt ihren Willen, als „Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Witten (ACK)“ nun auch gemeinsam erkennbar zu sein. 300 Christinnen und Christen aus den teilnehmenden Religionsgemeinschaften feierten in der Erlöserkirche in Annen einen fröhlichen Gottesdienst zur Gründung der ACK-Witten. Dabei standen der gemeinsame Glaube, das Gemeinwohl und die gemeinsame Verantwortung für die Stadtgesellschaft im Mittelpunkt: „Wir wollen in der ACK mit einer Stimme das Wort ergreifen und uns für die einsetzen, die in unserer Stadt und in unserer Gesellschaft an den Rand gedrängt werden“, formulierte Udo Bilgert von der Neuapostolischen Kirche (NaP).
Annette Muhr-Nelson, Vorsitzende der ACK NRW, brachte als Ehrengast ein paar Zahlen mit: „Wenn Sie gleich unterzeichnen, dann sind Sie die 41. ACK in Nordrhein-Westfalen“, Bereits 1948, noch unter dem Einfluss des Weltkrieges und der Rolle der Kirchen in der Zeit des Nationalsozialismus, bildete sich ein Zusammenschluss christlicher Kirchen in Deutschland, um die ökumenische Zusammenarbeit und die Einheit zu fördern. Dass die Kirchen in Witten erst 70 Jahre später einen entsprechenden Vertrag aufsetzen, liegt wohl auch daran, dass die Zusammenarbeit im Alltag an der Ruhr auch ohne gemeinsame Satzung gut funktioniert. „Wir haben schon viel zusammen erlebt und miteinander auf die Beine gestellt“, betont Claus Humbert von der Evangelischen Kirche mit Blick auf seinen katholischen Bruder Friedrich Barkey, mit dem ihn erkennbar auch eine private Freundschaft verbindet.
Symbolisch wurde im Gottesdienst aus sechs Würfeln ein Kreuz gebaut. Jeder der Würfel steht für je eine der Kirchen, die sich dem interessierten Publikum kurz vorstellte. Zwischen der Gründung der katholischen Kirche im Jahr 30 nach Christus und der Entstehung der Neuapostolischen Kirche in Witten vor knapp 120 Jahren liegen nicht nur fast zwei Jahrtausende, sondern auch eine wechselvolle und oft auch blutige Kirchengeschichte, in der nicht zuletzt immer auch um die „richtige“ Auslegung des Glaubens gerungen wurde.
„Wir wollen einander tragen und manchmal auch in Liebe ertragen“, beschreibt schmunzelnd Martin Plücker von der Freien Evangelischen Gemeinde Witten (FeG) die heutige Haltung der Partner. Bestehende Unterschiede, etwa beim Abendmahl, dem Amtsverständnis und auch der Taufe, werden durch die ACK nicht nivelliert. „Dadurch, dass wir die Unterschiede respektieren und unseren Glauben auch in seiner Unterschiedlichkeit akzeptieren, wollen wir zeigen, dass das Christentum offen ist für Vielfalt“, so Claus Humbert.
Ein erstes erkennbares Ergebnis der neuen Gemeinschaft ist der Projektchor, den Finn-Ole Steffen von der Kreuzgemeinde (SELK) mit Musikbegeisterten aus allen beteiligten Gemeinden zusammengeführt hat. „We can move mountains“ – Wir können Berge versetzen, schallte es zuversichtlich durch die Erlöserkirche, bevor die Gemeindevertreter zur Tat schritten.
Bei aller Festtagsfreude vergaßen die Christen aber nicht, worum es eigentlich geht. „Das Feld in der Mitte ist bewusst frei gelassen“, so Pfarrer Humbert mit Blick auf das bunte Würfel-Kreuz. „Denn unsere Mitte, um den herum wir alle uns versammeln, ist Christus“, formulierte er bewusst demütig: „Keine Kirche „hat“ die Wahrheit, sondern wir alle bezeugen Jesu als Gottes Wahrheit für uns.“
Hintergrund:
Zusammenarbeit, gegenseitiger Austausch, die Verbundenheit und die Förderung des respektvollen und wertschätzenden Umgangs sind die Kernthemen der gemeinsamen Satzung.
Unterzeichnet haben diese:
- die Evangelische Kirche (Evangelischer Kirchenkreis Hattingen-Witten, Gemeinden in Witten),
- die Römisch-Katholische Kirche (Pastoraler Raum Witten),
- die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Witten (Baptistengemeinde),
- die Evangelisch-Lutherische Kreuzgemeinde Witten (Selbstständig Evangelisch-Lutherische Kirche),
- die Freie Evangelische Gemeinde Witten (Bommern) und
- die Neuapostolische Kirche (Bezirk Ennepe-Ruhr, Gemeinden Witten und Witten-Annen).
Im Beisein der ACK-NRW-Vorsitzenden Annette Muhr-Nelson (links) präsentieren Vertreter der Wittener Kirchen und Gemeinden die gemeinsame Satzung. V.l.n.r.: Ulrich Martens (Gemeinde im Oberdorf, Baptisten), Claus Humbert (Evangelischer Kirchenkreis Hattingen-Witten), Friedrich Barkey (Katholische Kirche), Martin Plücker (FeG = Freie evangelische Gemeinde Witten), Udo Bilgard (Neuapostolische Kirche) und Hinrich Schorling (SELK = Selbstständige Evangelisch-Lutherische Kirche)